Nicola Maier-Reimer - Workshop 8


Nicolas Workshop trägt den Titel:  Kompositorisch Erzählen / Der Mensch in seinem Lebensraum

 

"In diesem Workshop geht es um das Finden einer interessanten Komposition.

In kleinen Skizzen finden wir heraus, was uns wirklich am jeweiligen Motiv interessiert, und wie wir "es" anschließend inszenieren, rahmen und kompositorisch unterstreichen können. 

Zu einem lebendigen Stadtbild gehören Menschen. Wie und wo man sie ins Bild setzen kann, ist ebenfalls Bestandteil des Workshops. Es geht uns ja schlussendlich um lebendige Zeichnungen, die etwas erzählen."




Unser Interview mit Nicola Maier-Reimer:


Moin Nicola,

Du arbeitest als Illustratorin und wenn ich mir Deine beruflichen Zeichnungen ansehe, finde ich dort auch oft den gewissen Witz, den ich von Deinen Urban Sketches kenne und den ich sehr mag. Urban Sketching betreibst Du in der Regel ganz privat, für Dich und nicht für Auftraggeber. Deine Zeichnungen wirken alle sehr leicht und spontan und trotzdem verbindet alles Deine eigene durchgängige, klare Handschrift.

Wie machst Du das? Wie gehst Du an ein Motiv ran?

Lustig! Ich dachte, meine Sachen sehen alle unterschiedlich aus!  Ich habe keine richtig durchgängige Methode, aus der meine Handschrift wird. Immer wieder wechsle ich zwischen Bleistift, Fineliner oder Füller hin und her. Es ist eher meine innere Haltung, die immer dieselbe ist: ich bin ungeduldig! Ich suche mir also zuerst ein atmosphärisches Motiv aus, dass im Idealfall etwas erzählt: Mit Menschen, Autos, Müllcontainern, Fahrrädern oder so. Eher Momentaufnahmen als Sehenswürdigkeiten.  Aufwendige, detailreiche Bauwerke per se sprechen mich nicht an. So würde ich niemals auf die Idee kommen, den Kölner Dom  - bei aller Liebe! - abzuzeichnen. Ich habe beinahe einen Horror vor zu vielen Details. Da fehlt mir einfach die Geduld. Wenn aber ein eindrucksvolles Gebäude Kulisse für eine interessante Situation im Vordergrund ist, dann ist das etwas anderes....

 

Ich beschließe relativ schnell im Vorfeld, welche Details des Motivs ich vernachlässige oder ganz weglasse, und welcher Ausschnitt des Motivs mich wirklich interessiert. Meistens lege ich einen niedrigen Horizont an. Man ist dann mehr in der Szenerie drin, zusammen mit den Menschen im Bild. - Da ich sowieso nicht gern im Stehen zeichne - ergibt sich der niedrige Horizont fast von selbst. Der Eindruck von Spontanität entsteht vielleicht durch  Zeitdruck , ich erkläre früh ein Bild für fertig, wo Andere erst mit der Ausarbeitung anfangen.

 

An diesem Motiv (die hier gezeigte Skizze) aus Wien zum Beispiel gefiel mir, dass ich über die Brücke in die Dämmerung auf die andere Seite der Donau geguckt habe. Ich wusste von Anfang an, dass ich am Ende die rote Ampel ins Zentrum setze. Also habe ich bei der Koloration aufgepasst, dass von ihr nichts ablenkt. Wenn man gleich am Anfang so klar weiß, was einem am allerwichtigsten an einem Motiv ist, ist das ein Glücksfall! Ein anderes Mal freute ich mich vom Anfang an darauf, am Ende die knalligen Orangen zu betonen... Wiederum ein anderes Mal dachte ich "Diese Bushaltestelle vorne links, die muss auf jeden Fall ein Akzent werden".

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Deine Skizzen haben auch eine schöne Balance von Humor und Ernsthaftigkeit. Wie denkst Du darüber? Wie kommt Humor oder Tragik in die Zeichnung?

Keine Ahnung.... es freut mich, wenn andere Leute meine Zeichnungen humorvoll finden! Das war mir tatsächlich wirklich nicht bewusst. Ich komme vom Comic und Cartoon, und mache Karikaturen, und so fließt das wahrscheinlich in die Darstellung der Menschen mit ein - da wird eine dicker Mann dann noch dicker, eine schlecht gelaunte Frau noch übellauniger, ein Kleinwagen noch knuffiger usw. Mich rühren knuffige Proportionen von Colafläschchen, Pinguinen, Staubsaugern - wahrscheinlich ist das auch das in meinen Zeichnungen zu sehen.

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Jetzt kommst Du aus Hamburg, der Stadt mit den meisten Brücken Europas - noch vor Venedig. Hamburg muss eine ideale Homebase für Sketcher sein. Wie siehst Du das?

Leute, die gerne Sehenswürdigkeiten, Schiffe und schicke Architektur oder maritimes  zeichnen, werden Hamburg toll finden. Ich nehme das nicht mehr bewusst wahr. Mich stört stattdessen das hiesige, typische, doofe Wetter. Grau, Regen, kalt, ungemütlich, keine Kontraste, keine leuchtenden Farbe, so viel Grau....das ist zum Aquarellieren einfach keine Freude.  Ich bin also nicht so der Riesenfan.  Klar, im Sommer ist das etwas anderes.

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Was ist Dir bei Urban Sketching besonders wichtig bzw. gefällt Dir besonders gut?

Mir gefällt der Freiheitsgedanke. Keine Regeln, Du kannst machen was Du willst. Qualität hat so viele Gesichter! Was mir besonders gefällt, ist, dass es im Urban Sketching um Spaß geht und nicht um Konkurrenz.

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OK, vervollständige diese Reihe (Maus gilt nicht!): Hund, Katze....

Wombat (knuffig!)

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Jetzt wieder ernst: Hamburg hat ja auch eine sehr aktive Sketcher-Szene. Ihr organisiert viele Treffen und einige der Eutiner sind sogar manchmal auf Stippvisite bei Euch. Immer wenn ich Eure Aktionsvielfalt so sehe denke ich mir: Hamburg wäre doch ideal für das übernächste Sketchertreffen 2018. Klingt das gut?

Ja das klingt gut! Zu den hiesigen Sketchertreffen kommen immer mehr Leute - neulich mussten wir ein Treffen wegen großem Andrang halbieren und auf zwei Örtlichkeiten legen. Motive gibt es hier genug, ich bin auch immer wieder ganz erstaunt, wo wir zeichnen und lerne dabei mir bisher unbekannte Plätze mit den Sketchern kennen.

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Aber wieder zurück nach Eutin: die genauen Workshop-Themen stehen ja noch nicht ganz fest. Trotzdem - was können die Teilnehmer von Dir lernen, die per Los in Deinem Workshop landen?

Ein interessantes Motiv zu finden, gute Kompositionen finden, Prioritäten setzen: was lasse ich weg?  Oder ein paar Dinge über Farbe,  wie zum Beispiel: schöne Grüntöne mischen oder cartoonige Autos zeichnen... oder Leben in Bilder bringen...

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Und was sollte im Reisegepäck der Teilnehmer auf keinen Fall fehlen?

Hocker, Zeichenmaterial und Aquarellfarben- und Papier, vor dem man nicht zu großen Respekt hat! Es soll ja Spaß machen.

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Nicola, vielen Dank fürs Interview. Wir sehen uns spätestens am 1.-3.9.2017 in Eutin

(Das Interview führte Kai M. Schluck)

 

Weitere Infos zu Nicola Maier-Reimer findet Ihr im Internet:

www.maier-reimer.de